Die Schutzbekleidungs-Branche ist derzeit mit einer Reihe von externen Ereignissen konfrontiert, die direkte Auswirkungen auf die gesamte Textilindustrie und ihre Lieferketten haben. Der Krieg in der Ukraine, die Hyperinflation, die Energiekrise und die Pandemie – sie alle haben spürbare negative Effekte auf die Verfügbarkeit wichtiger Ressourcen mit sich gebracht. Dies wiederum hat zu Unsicherheiten in Bezug auf die Versorgungssicherheit geführt. In diesem Blog gehen wir etwas näher auf diese Situation ein und zeigen, was sie für die Lieferketten im Bereich der Schutzkleidung bedeutet.
Grundbestandteile von Schutzgeweben
Spulen wir ein paar Jahre zurück: Damals hatte unsere Branche konstant und ungehindert Zugang zu allen wichtigen Chemikalien für die Herstellung von Schutztextilien. Dies hat sich nun geändert. Die Verfügbarkeit grundlegender Inhaltsstoffe für unsere Gewebe ist unsicher geworden, was zu kritischen Engpässen in der Lieferkette führt.
Beispiele für wichtige Chemikalien, auf die Gewebehersteller heute nur schwer zugreifen können, sind Ammoniak und Natronlauge. Diese beiden Grundchemikalien werden für die Faserproduktion benötigt, und auch für das Färben von Stoffen sind sie unerlässlich. Die Herstellung dieser Chemikalien ist jedoch sehr energieintensiv. Angesichts der derzeitigen Energiekrise in ganz Europa - mit dramatisch höheren Preisen als üblich - mussten viele Chemiewerke wegen höherer Gewalt die Produktion für eine gewisse Zeit einstellen. Würden sie versuchen, zu ihren regulären Preisen zu verkaufen, wären hohe Verluste die Folge. Würden sie ihre Preise an die derzeitige Hyperinflation anpassen, könnten sie ihre Waren nicht verkaufen.
Darüber hinaus sind Grundchemikalien wie Ammoniak und Natronlauge Vorprodukte oder Bausteine für anspruchsvollere Chemikalien wie Dispersionen, Harze und Veredelungsstoffe. Deshalb wirkt sich eine mangelnde Verfügbarkeit von Grundchemikalien auch dramatisch auf die Versorgungssicherheit bei Produkten aus, die ihnen in der Wertschöpfungskette nachgeordnet sind.
Eine branchenübergreifende Herausforderung
Die Schutzbekleidungsindustrie ist jedoch nicht die einzige Branche, die von den Veränderungen bei der Versorgungssicherheit und der Verfügbarkeit von Ressourcen betroffen ist. Auch die Modeindustrie im weiteren Sinne ist stark beeinträchtigt, da sie in der Regel ebenfalls Chemikalien benötigt, deren Herstellung energieintensiv ist und die daher unter den derzeitigen Bedingungen schwieriger zugänglich sind. Das gleiche gilt für die Automobilindustrie, weil sie nicht ohne Weiteres auf alle Kunststoffe und Computer-Chips zugreifen kann, die sie für ihre Produktionsprozesse benötigt.
Die Auswirkungen von Covid und die Verlagerung von Arbeitsplätzen
Neben den hohen Energiekosten ist noch ein weiterer Faktor zu berücksichtigen, wenn es um die Unterbrechung von Lieferketten geht: Die Nachwirkungen der Pandemie auf die Personaldecke von Unternehmen. Wie wir wissen, zwang die Pandemie zunächst viele Menschen dazu, zu Hause zu bleiben. Längerfristig führte sie dazu, dass viele Arbeitnehmer ihren bisherigen Arbeitsplatz verließen – entweder notgedrungen, etwa wegen Entlassung, oder aus freien Stücken, weil sie ihre berufliche Entwicklung oder die Vereinbarkeit von Arbeit und Familie neu bewerteten.
In der Schutzbekleidungs-Branche und den ihr in der Lieferkette vorgelagerten Unternehmen wechselten viele Arbeitnehmer notgedrungen den Arbeitsplatz, weil hier in Produktionsstätten vor Ort gearbeitet wird und Homeoffice keine Option ist. Viele wechselten zu Beschäftigungen, die trotz der Pandemie eine hohe Nachfrage und sichere Arbeitsplätze versprachen, beispielsweise im Bereich der Lagerlogistik oder als Fahrer bei Uber oder Lieferdiensten.
Wir bei TenCate waren davon in unseren eigenen Betriebsstätten zwar nicht sehr stark betroffen, konnten dies aber bei vielen unsrer Zulieferer beobachten. Der Verlust von Talenten in den betroffenen Unternehmen hat sich nach dem Höhepunkt der Pandemie mit Verzögerung ausgewirkt. Zudem nehmen die Covid-Fälle derzeit vor allem in Europa wieder zu, was den Personalbestand über den Winter zusätzlich belasten wird.
Alles in allem haben wir also nicht nur einen Mangel an chemischen, sondern auch an menschlichen Ressourcen – und diese beiden Faktoren zusammen können die Lieferkette jetzt und in absehbarer Zukunft erheblich behindern und Prozesse verlangsamen.
Ein Blick in die Zukunft
Es gibt zwar einige Dinge, die wir nicht kontrollieren können – etwa, wann die Energiepreise wieder sinken. Aber in anderen Bereichen können wir tätig werden, um uns in diesen ungewöhnlichen Zeiten an die Umstände anzupassen. Wenn wir unsere Bestellungen beispielsweise so weit wie möglich im Voraus aufgeben, können wir den Druck verringern und dem Stress durch Verzögerungen in der Lieferkette entgegenwirken. Kommunizieren wir zudem regelmäßig und transparent mit unseren Lieferanten und halten sie über alle Veränderungen und Herausforderungen auf dem Laufenden, können diese leichter ein Verständnis für die Situation entwickeln und sich flexibler darauf einstellen. Eine korrekte, konsistente und frühzeitige Vorhersage des Bedarfs durch Ihre Kunden ist daher für Sie von größter Bedeutung. Sie bildet die Grundlage für die Planung der Verfügbarkeit von Rohstoffen in der gesamten textilen Lieferkette. Und schließlich ist es ratsam, sich der Tatsache bewusst zu sein, dass es in der bevorstehenden Wintersaison vermehrt zu Personalausfällen kommen wird, so dass eine vorausschauende Personalplanung ebenfalls ein entscheidender Faktor ist.